Eine kleine Selbstauskunft nach zwei Jahren „Horatio-Bücher“
Begeisterung für Bücher
Jetzt im Herbst 2023 ist der Literaturblog „Horatio-Bücher“ ungefähr zwei Jahre alt und in dieser Zeit ist eigentlich kaum ein Tag vergangen, an dem ich mir keine Gedanken darüber gemacht habe, aus welcher konkreten Perspektive, auf welchem Wege und mit welcher Intention, ich als Literaturblogger die Bücher, die ich lese in der Öffentlichkeit des Internets vorstellen und bewerten möchte.
Zu Beginn gleich die schlechte Nachricht:
Ich bin kein Literaturwissenschaftler.
Aber es gibt auch eine gute Nachricht:
Ich bin kein Literaturwissenschaftler.
Als Jurist, fernab des so bezeichneten „Literaturbetriebs“, bin ich in der literarischen Welt ein interessierter Laie. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das muss ja nicht unweigerlich ein Nachteil sein. Ich bin privater Blogger, nicht Journalist, Autor, Verlagsmensch oder Literaturwissenschaftler. „Horatio-Bücher“ ist entsprechend auch kein Feuilleton, kein Autorenratgeber, keine Agentur und schon gar kein literaturwissenschaftliches Seminar. Ich sehe meinen Blog einfach als einen Platz, an dem ein engagierter Leser seine Begeisterung und Freude an der Literatur ausdrücken und mit anderen teilen möchte. Hoffentlich unterhaltsam und ab und dann vielleicht auch mal ein bisschen kenntnisreich.
Natürlich ist für mich ein Leben ohne Bücher kaum vorstellbar oder, um es angelehnt an Loriots berühmten Worte zu sagen: „Ein Leben ohne Buch ist möglich, aber sinnlos.“ Bücher begeistern mich und ich liebe und staple sie seit den Tagen meiner Kindheit. Außerhalb des privaten Freundeskreises über Bücher gesprochen oder gar geschrieben, hatte ich bisher jedoch nie.
Das hat sich mit dem Blog schlagartig geändert. Ursprünglich nur als zeitlich begrenztes Projekt geplant, als ein Versuch fokussierter zu lesen und natürlich auch um meiner Begeisterung für Bücher besser Ausdruck zu verleihen zu können, geht der Blog jetzt bereits ins dritte Jahr und ist zu einer festen Institution in meinem Leben geworden. Meine Erwartungen wurden bei Weitem übertroffen und völlig unversehens habe ich durch den Blog so viele wunderbare, engagierte, vielfältige und spannende Menschen kennenlernen können, dass ich mir ein Leben ohne ihn kaum mehr vorstellen mag.
Die Literaturbloggerei ist ein weites Feld
Recht naiv und ohne besondere Vorbilder war ich vor zwei Jahren als Neu-Blogger gestartet und hatte einfach mal so ganz locker und unbedarft begonnen, über meine alltäglichen Lektüren zu schreiben. Obwohl mir die Beiträge eigentlich recht flüssig von der Hand gingen, musste ich sehr schnell feststellen, dass die Literaturbloggerei wohl doch weitaus mehr ist, als einfach mal kurz rauszuhauen, ob ich ein Buch jetzt „echt klasse oder völlig blöde finde“. Eine gewisse Verunsicherung machte sich bei mir breit. Was qualifiziert mich eigentlich als Literaturblogger? Gibt es vielleicht ein offizielles Lehrbuch zu dem Thema? Am besten in bewährter Manier „Literaturblogger für Dummies!“. Ein für mich schwer zu überschauendes, gänzlich neues, unbekanntes Spielfeld.
Fragen über Fragen
Ich bloggte weiter und von Beitrag zu Beitrag rasten neue Fragestellungen und Probleme auf mich zu, die ich nie auf dem Plan hatte, mit denen ich mich aber dringend auseinanderzusetzen musste:
In was für einem literarischen Umfeld bewege ich mich als Blogger? Schreibe ich Rezensionen oder stelle ich die Bücher eher vor? Für wen schreibe ich überhaupt, für die Leser*innen, Autor*innen, Verlage oder einfach nur für mich selbst? Sollte mein eigener Stil streng und sachlich sein, aber eigentlich bin ja Blogger und schreibe doch nicht für den Brockhaus? Will ich meine Leser*innen informieren oder unterhalten? Sollen Leben und Werke der Autor*innen mit in meine Beiträge einfließen? Lese ich mich vor der Lektüre oder vor meinem Beitrag in die Materie ein und in welchem Umfang betreibe ich selbst Recherche? Welches Maß an Subjektivität möchte ich mir erlauben? Beziehe ich mich als Person und mein persönliches Lektüreerlebnis mit in den Beitrag ein und will das überhaupt jemand lesen? Wieviel Scharfzüngigkeit gestehe ich mir zu? Schreibe ich auch Verrisse? Übernehme ich einfach den Klappentext oder entscheide ich selbst, auf welche Weise ich den Inhalt darstelle? Wie halte ich es ich mit Zitaten? Wie gehe ich mit der Spoiler-Problematik um? Verwende ich eines der verbreiteten Sternesysteme? Spreche ich Empfehlungen aus? Sollen meine Beiträge immer einheitlich aufgebaut sein? Wie verhalte ich mich, wenn ich einen alten Beitrag nach einiger Zeit ganz anders schreiben würde? Nehme ich Rezensionsanfragen an? Arbeite ich auch mit kostenlosen Rezensionsexemplaren? Spezialisiere ich mich auf bestimmte Genres? …
So viele Fragen. Die meisten sind für mich immer noch nicht abschließend beantwortet und werden es hoffentlich nie sein. Allein die Beschäftigung mit ihnen hält für mich das Bloggen frisch. Trotzdem denke ich, dass ich so langsam dabei bin, (m-) einen ganz eigenen persönlichen Stil zu finden. Eine Art zu schreiben, die mir Freude macht, und zugleich auch den Büchern und Autor*innen gerecht wird.
Vom Bahnhofskiosk oder aus Stockholm – Alles auf einem Blog
Was bedeutet das etwas flapsige Statement „Romane aller Gewichtsklassen“ ganz oben auf dem Blog? – Schon immer habe ich gerne und mit großem Gewinn Romane ganz unterschiedlicher Genres gelesen. Das halte ich natürlich auch weiterhin so. Die in literarischen Kreisen in diesem Zusammenhang manchmal anzutreffende Differenzierung zwischen „E-“ und „U-Literatur“ lehne ich entschieden ab. Für mich gibt es nur gute oder schlechte Literatur, wobei sich gute Literatur dadurch auszeichnet, dass sie unterhalten kann und gleichzeitig etwas im Kopf bewegt. So lese ich grundsätzlich und ohne Scheuklappen Autor*innen und Romane „aller Gewichtsklassen“, also ganz egal ob man sie im Bahnhofskiosk erwerben kann oder sie durch einen Literaturnobelpreis verziert wurden. Sie alle haben die gleiche Berechtigung und können viel Freude bereiten, je nachdem, wozu den Leser*innen gerade der Sinn steht. Vom Fliegen- bis zum Schwergewicht, in jeder Gewichtsklasse, jedem Genre, gibt es Romane, die schlecht oder nur Durchschnitt sind und selbstverständlich hat jede Gewichtsklasse auch ihre Großen und ihre Champions. Ob diese jetzt üblicherweise als „E“ oder „U“ Literatur abgestempelt bzw. geadelt werden, ist für mich keine Kategorie. Egal ob Bahnhofskiosk oder Stockholm, alle Gewichtsklassen sind auf meinem Blog vertreten und werden gleichberechtigt gelesen und rezensiert.
So viel zu meinem (derzeitigen) Blick auf die Dinge. Jetzt läuft das dritte Jahr des Blogs. Ich bin gespannt, wie das Abenteuer weitergeht.
LG Horatio
9 Comments
Elfi Conrad
Wunderbar!
Diese Unterscheidung in E und U finde ich auch idiotisch!
Marius
Herzlichen Glückwunsch zum zweijährigen Bestehen deines Blogs, Jörg!
Ich finde, die oben gestellten Fragen beantwortet dein Blog in seinem ganzen Sein auf hervorragende Art und Weise – deshalb auch vielen Dank für dein Tun hier und weiter so!
Viele Grüße, Marius
Horatio-Bücher
Hallo Marius,
vielen lieben Dank. Ich wünsche auch Dir und Deinem tollen und bekannten Literaturblog alles Gute!
LG Jörg
Sandra
Lieber Jörg
Deine Fragen kommen mir bekannt vor. Ich stelle sie mir seit vielen Jahren und beantworte sie immer wieder neu und anders. Ich glaube nicht, dass ich je zu einer abschliessenden Antwort komme. Ich habe auch immer wieder das Schwergewicht meiner Buch-Vorstellungen und Texte geändert. Ein buntes Sammelsurium von Vielem – es entspricht wohl in etwa mir 😉
Liebe Grüsse
Sandra
Horatio-Bücher
Hallo Sandra,
es ist wohltuend zu hören, dass ich mit meinen Gedanken und immer wieder neuen Abwägungen als Literaturblogger nicht alleine stehe.
Vielen Dank für Deine Rückmeldung und LG
Jörg 🙂
Petra K.
Hallo Jörg, ich habe deinen Blog zwar erst im letzten Jahr entdeckt aber er gehört bereits zu meiner regelmäßigen Lektüre. Mir gefällt die Vielfalt und dass du nicht auf ein spezielles Genre festgelegt bist. Ich wünsche dir immer einen kleinen „StuB“ (Stapel ungelesener Bücher) an deiner Seite, damit die Beantwortung der schönsten aller Leser/innen-Fragen – Was lese ich als nächstes? – immer mit einer gewissen Wahlmöglichkeit einhergeht, denn jedes Buch hat seine Zeit.
Ich bin gespannt auf das, was da noch kommt.
Petra
Horatio-Bücher
Hallo Petra,
ganz herzlichen Dank für die ermunternden Worte und und schönen Wünsche. Ich kann Dir nur zustimmen, dass jedes Buch seine Zeit hat und freue mich sehr, dass mein Blog hilfreich sein kann.
LG und alles Gute
Jörg 🙂
Anna
Dann freue ich mich auf die nächsten zwei Jahre mit deinem Blog! Die Liste mit den Fragen finde ich köstlich. Ich mache das alles nur noch nach Bauchgefühl 🙂 – je nach Buch, Lust, Laune und der zur Verfügung stehenden Zeit.
Weiterhin viel Freude mit deinem Hobby und immer ein lohnendes Buch anbei.
Anna
Horatio-Bücher
Hallo Anna,
vielen lieben Dank für Deine Worte. Gerade dieser schöne und wohlmeinende Kontakt unter Blogger*innen macht unsere Freizeitbeschäftigung so außerordentlich bereichernd.
Ich wünsche auch Dir weiterhin viel Spaß beim Bloggen und alles Gute.
Jörg 🙂