• Belletristik

    Solvej Balle, „Über die Berechnung des Rauminhalts II“

    Ein großangelegtes Romanprojekt wird fortgeführt „Über die Berechnung des Rauminhalts II“ der dänischen Autorin Solvej Balle ist als zweiter Teil eines großen Romanprojekts, genauer gesagt einer Heptalogie, angekündigt. Die ersten vier Teile liegen bereits vor, nach Band eins ist jetzt auch der zweite Band im Verlag Matthes & Seitz Berlin in deutscher Übersetzung erschienen. Man darf mich jetzt gerne für kleinkariert halten, aber nach Abschluss der Lektüre, muss ich mir zunächst einmal darüber klarwerden, was genau ich mit diesem schmalen, knapp 200 Seiten zählenden, Band II hier eigentlich vor mir habe. Sofort auf den ersten Seiten wird deutlich, dass es sich um die nahtlose Fortführung der faszinierenden Geschichte der Buchhändlerin Tara Selter handelt, die sich eines Tages, einem 18. November,…

  • Belletristik,  Gesellschaftsroman

    Teresa Präauer, „Kochen im falschen Jahrhundert“

    Gleich zu Beginn dieser Buchvorstellung oute ich mich als sog. „Hobbykoch“. Aber wer ist das nicht heutzutage, in einer Zeit, in der die TV-Kanäle voller Koch-Shows, die Buchläden voller Lifestyle-Kochbücher und die sozialen Medien voller Essensfotos sind?! Und ja, auch ich erwische mich gelegentlich dabei, Fotos meiner Hobbykochergebnisse auf Twitter zu verbreiten. Kochen als Handwerk, Foodporn, Show, oder Mittel der Selbstdarstellung? Was ist da los?! Wohl unbestritten bedeutet uns das Kochen in der heutigen Zeit weit mehr als seine ursprüngliche Bestimmung der Zubereitung einer Mahlzeit um satt zu werden. Gleichzeitig wurden in der jüngeren Menschheitsgeschichte nie größere Mengen an Convenience bzw. Fast Food verkauft und konsumiert. Das Kochen ist zu einem Phänomen geworden, das von ganz unterschiedlichen Seiten betrachtet werden…

  • Belletristik

    Jan Weiler, „Der Markisenmann“

    Das Buch hat mich bereits beim Erstkontakt in der Buchhandlung voll erwischt. Präsentiert neben einer Reihe anderer Hardcover-Ausgaben, lag es auf einem der Tische und sprang mir, mit seinem unglaublich schräg-bunten Cover, sofort mitten ins Gesicht. Dieses schrille, braun-orange-gelbe 70er Jahre Design, das im Roman „Kopenhagen“ genannt wird, ist zugleich auch eines der beiden Muster der 3.406 Markisen im Vorrat des titelgebenden Markisenmanns aus Duisburg. Ein Roman mit diesem Cover, noch dazu gedruckt auf einen groben Textileinband, der sich bereits selbst anfühlt, wie eine Markise und dazu den Titel „Der Markisenmann“ trägt – schräger und stimmiger geht es kaum. Ein grandioser Aufschlag. Noch dazu ist die Geschichte des Markisenmanns, soviel will ich vorwegnehmen, eine rührende Hommage an das Ruhrgebiet. 100…

  • Belletristik,  Computer/Gaming

    Gabrielle Zevin, „Morgen, morgen und wieder morgen“

    „In der Highscore-Tabelle des Donkey-Kong-Automaten seines Großvaters tauchte er als S.A.M. auf, aber meistens war er einfach nur Sam.“ Verlagswerbung und Klappentext hatten mich sofort elektrisiert: „Morgen, morgen und wieder morgen“ von Gabrielle Zevin sei „ein Jahrzehnte umspannender Roman über Popkultur und Kreativität…“. Die Geschichte von „Sadie, einer hochbegabten Informatikstudentin und angehenden Gamedesignerin von Computerspielen“ und „ihrem früheren Super-Mario-Partner Sam“, die „beginnen, gemeinsam an einem Spiel zu arbeiten“. Nachdem das „Computerspiel zum Hit wird“, brächen „sich Rivalitäten Bahn, die alles zu bedrohen scheinen, was sie sich aufgebaut haben“. Besuchern meines Blogs oder Twitteraccounts, wird nicht verborgen geblieben sein, dass ich mich, trotz erheblicher zeitlicher Einschränkungen und literarischer Interessen, immer noch als „Gamer“ bezeichnen würde. Meine entsprechende Sozialisation verlief über die…

  • Belletristik

    Miqui Otero, „Simón“

    Mir ist der Roman des spanischen Schriftstellers und Journalisten Miqui Otero wegen seiner herrlichen Gestaltung aufgefallen, oder besser gesagt: „ins Auge gefallen“. Ich gebe unumwunden zu, dass für mich, gerade bei Hardcover-Ausgaben, die Gestaltung des Buchs, inklusive der Auswahl der Materialien, eine bedeutende Rolle spielt und ganz eindeutig zum „Gesamtpaket Buch“ dazu gehört. Im Falle von „Simón“ ist das dem Klett-Cotta Verlag ganz ausgezeichnet gelungen. Den Umschlag des Romans, der vom Verlag immerhin als „Denkmal der Stadt Barcelona“ bezeichnet wird, ziert ein spannend in Szene gesetzter Fotoausschnitt einer historischen Stadthausfassade, die sehr ansprechend beschriftet ist und wunderbar zum Inhalt und Charakter des Buchs passt. Zusammen mit der feinen Papiersorte und dem sehr gelungenen Buchsatz, ist es eine Freude, dieses schöne…

  • Belletristik

    Joachim B. Schmidt, „In Küstennähe“

    „In Küstennähe“ ist der Debütroman des 1981 im schweizerischen Casis/Graubünden geborenen Joachim B. Schmidt. Früh war der Autor vom Inselstaat Island fasziniert. Schon zum Schulabschluss hatte er Gelegenheit, die Insel im äußersten Nordwesten Europas zu bereisen. Während weiterer Aufenthalte verliebte er sich vollends in das Land und machte es zu seiner Wahlheimat. Joachim B. Schmidt hat die isländische Staatsangerhörigkeit angenommen und lebt als Autor in Reykjavik. Besonders bekannt wurde der Autor durch seinen vierten Roman „Kalmann“, der im Jahr 2020 erschienen ist und hier auf dem Blog bereits ausführlich vorgestellt wurde. Die im Norden Islands angesiedelte, wunderbar menschliche Kriminalgeschichte um den Außenseiter Kalmann, den sehr speziellen selbsternannten „Sheriff von Raufarhöfn“, war zu Recht äußerst erfolgreich und wurde von der Kritik…

  • Belletristik

    Solvej Balle, „Über die Berechnung des Rauminhalts I“

    „Begeisterung für Bücher“ ist das Motto dieses Blogs, und ab und zu trifft man auf Lektüren, die es einem ganz besonders leicht machen, sich ganz und gar für sie zu begeistern. Bei dem nur 170 Seiten kurzen Roman „Über die Berechnung des Rauminhalts I“, der dänischen Autorin Solvej Balle ist das der Fall. Solvej Balle wurde 1962 in Bovrup (Nordschleswig) geboren. Nach Studium der Literatur und Philosophie in Kopenhagen, veröffentlichte sie 1984 ihren ersten Roman. Sie gilt als sehr bedeutende dänische Autorin, über die zu lesen ist, dass sie in den 1990er Jahren eines der berühmtesten Werke der dänischen Literatur geschrieben hat. Die auf sieben Bände ausgelegte Buchreihe „Über die Berechnung des Rauminhalts“ wird als ihr großes Comeback gewertet. Drei…

  • Belletristik,  Kriminalroman

    Riku Onda, „Die Aosawa-Morde“

    Der im schweizerischen Atrium Verlag erschienene Kriminalroman „Die Aosawa-Morde“ der japanischen Autorin Riku Onda (*1964 in Sendai/Japan), wurde gerade mit dem deutschen Krimipreis 2022 in der Kategorie „International“ ausgezeichnet. Nachdem mich bereits der Sieger der Kategorie „National“, Johannes Groschupfs düsterer Thriller „Die Stunde der Hyänen“, überzeugen konnte, war ich besonders gespannt auf „Die Aosawa-Morde“, dem Klappentext zufolge „Der ungewöhnlichste Spannungsroman, den Sie je gelesen haben“. Derart selbstbewusste Anpreisungen legen die Messlatte leider unnötig hoch, was den beworbenen Büchern nicht immer einen Gefallen tut. Auch in diesem Fall sind die großen Worte eher unglücklich gewählt. Das Buch ist nämlich ganz sicher kein Spannungsroman und auch seiner ganzen Struktur nach überhaupt nicht auf Spannung angelegt. Der ebenfalls verwendete Begriff „ungewöhnlich“ trifft den…

  • Amor Towles, "Lincoln Highway"
    Belletristik

    Amor Towles, „Lincoln Highway“

    In diesem noch ganz frischen Jahr 2023 habe ich wieder das Vergnügen, gleich mit einer sehr erfreulichen Buchvorstellung beginnen zu können. Der im letzten Sommer erschienene Roman „Lincoln Highway“ des 1964 in Boston/Massachusetts geborenen Bestsellerautors Amor Towles  kann sicherlich zu den bedeutenden Romanen der vergangenen Saison gezählt werden. Er ist in vielen Literaturblogs auf sehr positive Resonanz gestoßen und konnte auch mich überzeugen. „Wäre es nicht wunderbar, dachte Woolly, wenn das Leben eines jeden Menschen ein Stück in einem Puzzle wäre? Dann wäre das Leben von niemandem im Leben eines anderen eine Unannehmlichkeit. Es würde einfach geschmeidig an seinen vorgesehenen Platz passen und dazu beitragen, das Gesamtbild zu vervollständigen.“ Ein koloriertes Schwarzweißfoto. In glühender Wüstensonne ein schnurgerader amerikanischer Highway, der…

  • Dörte Hansen, Zur See
    Belletristik,  Gesellschaftsroman

    Dörte Hansen, „Zur See“

    Wer sich für deutschsprachige Literatur interessiert, stößt derzeit unweigerlich auf den Namen Dörte Hansen. Bereits die ersten beiden Romane der 1964 in Husum geborenen Schriftstellerin, „Altes Land“ (2015) und „Mittagsstunde“ (2018), wurden Bestseller und von der Kritik gelobt, für TV und Kino verfilmt. Im vergangenen September erschien Dörte Hansens dritter Roman „Zur See“, der ebenfalls bereits ein Bestseller geworden ist. Für mich ist „Zur See“ die erste Begegnung mit der Autorin und schon nach wenigen Seiten musste ich mir eingestehen, dass ich schon früher auf Dörte Hansen hätte aufmerksam werden müssen. Dörte Hansen, „Zur See“ – [Werbung, weil Rezensionsexemplar] „Zur See“ ist eine Geschichte über gesellschaftlichen Umbruch und den Verlust von Heimat. Im Zentrum des Romans steht die Familie Sander,…

  • Belletristik

    Patrick Modiano, „Unterwegs nach Chevreuse“

    Erinnerung, Vergessen, Identität und Schuld, wurden vom Nobelkomitee als die großen Themen im Werk des Literaturnobelpreisträgers Patrick Modiano genannt. In seinen Romanen begibt er sich immer wieder auf die Suche, nach Fragmenten der eigenen Vergangenheit. So dreht sich auch sein neuer Roman „Unterwegs nach Chevreuse“ ganz um das Verrinnen der Zeit und das Verblassen von Erinnerungen. Eine Art Schlüssel zum Verständnis seines Werks. Gleich mit dem ersten Satz wird in zweifacher Hinsicht klargestellt, wohin die Reise gehen soll: „Bosman hatte sich erinnert, dass ein Wort, Chevreuse, in der Unterhaltung immer wiederkehrte.“  „Chevreuse“ wird genannt. Eine kleine ländliche Gemeinde etwas südlich von Paris, die im Zentrum dieses geheimnisvollen Romans, der ganz aus den Erinnerungsfragmenten des Protagonisten Jean Bosmans zusammengesetzt ist, stehen…

  • Horatio Bücher
    Belletristik

    Mariana Leky, „Kummer aller Art“

    In Mariana Lekys kleinem, lediglich 170 Seiten schmalen Büchlein „Kummer aller Art“, habe ich rekordverdächtig viele Markierungen hinterlassen. Passagen, die ich gelungen, geistreich, gut beobachtet, amüsant, rührend oder einfach nur erwähnenswert finde. Ganz offensichtlich hat mich „Kummer aller Art“ besonders berührt. Das ist ein sehr gutes Zeichen. „Kummer aller Art“ ist eine Sammlung literarischer Kolumnen, die erstmals im Magazin „Psychologie Heute“ erschienen sind. Allesamt knappe, zumeist nur drei bis vier Seiten kurze Texte. Kleine bescheidene, aber überaus präzise Beobachtungen aus dem Alltag. Einsamkeit, Flugangst, Schlaflosigkeit, Abschied, aber auch Schlüsseldienste, Überraschungspartys und Zugverspätungen, stehen im Zentrum der wunderbar ausgewählten Episoden. Mariana Lekis „Kolumnistinnen-Ich“ erzählt mitten aus dem Leben. Da ist die Nachbarin Frau Wiese. Zusammen sind sie die „Expertinnen-in Schlaflosigkeit“ und…

  • Belletristik

    Benjamin Myers, „Offene See“

    „Jeder junge Mann, der sein Leben geplant hat, ist zu bemitleiden, da Pläne kaum Platz für Zufälle und unerwartete Entdeckungen lassen. Und überdies ist jeder Mensch an sich – falls er überhaupt menschlich ist – eine sich ständig verändernde Entität, ebenso wie die Welt um ihn herum. Was für ein trostloses Leben führen doch diejenigen, die sich familiären Erwartungen oder Traditionen beugen.“ Benjamin Myers „Offene See“ ist ein Entwicklungsroman, genauer gesagt eine „Coming of Age Story“. Die bewegende Geschichte eines Sommers. Sie beginnt im Frühjahr 1946. Der junge, gerade einmal sechzehn Jahre alte, Robert Appleyard kehrt seiner Geburtsstadt im Norden Englands den Rücken, schnürt sein Bündel und begibt sich auf die Wanderschaft nach Süden. Es ist die Zeit unmittelbar nach…

  • Die Paradiese von gestern
    Belletristik,  Gesellschaftsroman

    Mario Schneider, Die Paradiese von gestern

    Mario Schneider, „Die Paradiese von gestern“ – [Werbung, weil kostenloses Rezensionsexemplar] „Sie fuhren in eine neue Welt, um eine alte darin zu finden.“ Ella und René, ein junges Paar aus Ostdeutschland, verbringen im Jahr nach der Wende ihren ersten Sommer in Südfrankreich, dem Land ihrer Träume. Sie sind nicht auf der Suche nach dem Glanz des goldenen Westens, sondern nach dem Frankreich des Balzac, Flaubert und Maupassant. Als sie eines Abends bei einem Besuch der „Düne von Pilat“ in ein Unwetter geraten, führt sie ihr überhasteter Aufbruch, nahe Bordeaux weit abseits der Hauptstraßen, zu dem alten und maroden Schlosshotel, „Chateau de Violet-Hascardin“, auf dem die betagte Aristokratin Charlotte de Violet residiert. Trotz ihrer spärlichen finanziellen Möglichkeiten, erhält das junge Paar…

  • Emma Stonex, Die Leuchtturmwärter
    Belletristik

    Emma Stonex, „Die Leuchtturmwärter“

    Die Sylvesternacht des Jahres 1972. Auf einem Felsen weit draußen vor der Küste Cornwalls, trotzt ein einsamer Leuchtturm der tosenden Nordsee. Am darauffolgenden Morgen sind die drei Leuchtturmwärter spurlos verschwunden. Der zum Abendessen gedeckte Tisch ist unberührt und die schwere Außentür von innen verschlossen. Beide Uhren des Turms sind stehen geblieben und zeigen dieselbe Uhrzeit an. Der fiktionale Roman „Die Leuchtturmwärter“ von Emma Stonex (*1983 in Northamptionshire / England) ist inspiriert von einer wahren Begebenheit, die sich vor mehr als 120 Jahren ereignete und zu einer mythischen Volkssage wurde. Im Dezember des Jahres 1900 verschwanden drei Wärter unter mysteriösen Umständen von einem Leuchtturm auf der unbewohnten Insel Eilean Mòr in den Äußeren Hybriden. Ein Vorfall, der nie aufgeklärt werden konnte.…

  • Belletristik,  Fantasy

    Stefan aus dem Siepen „Das Seil“

    Als Bernhardt, die Pfeife zwischen den Zähnen, seinen Abendgang machte, lagen die kleinen Holzhäuser des Dorfes im Dunkeln, die Läden vor den Fenstern waren geschlossen, hier und dort schlängelte sich Rauch von einem strohgedeckten Dach dem Himmel entgegen, an dem das gelbweiße Mondlicht die Sterne verscheuchte. Mit dieser Idylle beginnt Stefan aus dem Siepens (*1964 in Essen) kleiner Roman „Das Seil“. Die Geschichte spielt zu irgendeiner nicht näher bekannten Zeit, in einem kleinen weit abgelegenen Dorf, das von dichtem Wald umgeben ist. Auf dem abendlichen Rundgang um seinen Hof stößt der brave Bauer Bernhardt eines Abends auf das am Boden liegende Ende eines mysteriösen Seils. Quer über die Wiese verlaufend verschwindet es im nahe gelegenen Wald. Heranziehen lässt es sich…

  • Backlist,  Belletristik,  Klassiker

    Erich Kästner „Drei Männer im Schnee“

    Kästners Roman „Drei Männer im Schnee“ ist als eine heitere, bezaubernde winterliche Lektüre bekannt geworden. In der vorliegenden Ausgabe, sehr gelungen begleitet von der Erzählung „Inferno im Hotel“, wird deutlich, welch zeitkritische Tiefe dieser Stoff gleichzeitig auch zu bieten hat. Eigentlich weitgehend frei von Sentimentalitäten jeglicher Art, hatte ich mir bereits seit einiger Zeit Gedanken über eine passende, nette Weihnachtslektüre gemacht. Schnell fiel mir dabei Erich Kästners kleiner Roman „Drei Männer im Schnee“ ein, den ich zuletzt in den 1990ern gelesen hatte. Die Geschichte um den Millionär Tobler, seinen Diener Johann und den in armen Verhältnissen lebenden, Dr. Hagedorn war mir als heitere, unbeschwerte Alberei in der weißen Pracht der Alpen in Erinnerung. Als harmloser winterlicher Spaß mit einer großen…

  • Belletristik

    Màirtìn Ò Cadhain „Die Asche des Tages“

    „Die Asche des Tages“, Erstausgabe 1970, ist das letzte Werk des irischen Schriftstellers und politischen Kommentators Máirtín Ó Cadhain. Der Roman ist 2020 im Stuttgarter Alfred Kröner Verlag, in der deutschen Übersetzung von Gabriele Haefs, neu erschienen. Ó Cadhain (*1906, +1970) gilt als Erneuerer der modernen irischsprachigen Literatur und wird zu den bedeutendsten Schriftstellern des Landes gezählt. Bei Zeitgenossen galt er als gesellschaftlich und politisch schwierig und unbequem. Von Beruf Lehrer, schloss sich Ó Cadhain Ende der 1920er Jahre der Irish Republican Army (IRA) an. In der Zeit von 1940 bis 1944 wurde er interniert. Nach seiner Trennung von der IRA siedelte er nach Dublin, wo er in verschiedenen Positionen als Staatsdiener tätig war und noch kurz vor seinem Tod eine…

  • Belletristik

    Jonathan Franzen „Crossroads“

    Jonathan Franzen, der auch als Meister des Familienromans gehandelt wird, hat wieder einen großen seitenstarken Roman über die dysfunktionale amerikanische Durchschnittsfamilie geschrieben. Nach seinen sehr erfolgreichen Romanen „Die Korrekturen“ und „Freiheit“, die sich um die Lebensmodelle und den Liberalismus der weißen Mittelschicht drehten, richtet er jetzt, mit seinem neuen Roman „Crossroads“, den Blick zurück in die Vergangenheit auf die Situation in Amerikas Vorstädten in Zeiten der Aufbruchsstimmung Anfang der 1970er Jahre. Nach eigenem Bekunden handelt es sich bei dem in deutscher Übersetzung immerhin 826 Seiten starken und von der Kritik fast ausnahmslos gefeierten „Crossroads“ um den Auftakt einer Trilogie, mit dem nicht ganz unbescheidenen Subtitel „A key to All Mytologies“. Wir dürfen gespannt sein. „Crossroads“ bedeutet grundsätzlich „Kreuzung“, kann hier…