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John Sinclair rief nach Oelde in Westfalen
Am Samstag letzter Woche rief John Sinclair, Fans und Interessierte zur Ausstellung „Fünf Jahrzehnte Geisterjäger“ ins „Museum für Westfälische Literatur – Haus Nottbeck“ nach Oelde in Westfalen. Ausgesprochen gerne bin ich seinem Ruf gefolgt. Seit über fünfzig Jahren kämpft der legendäre Geisterjäger von Scotland Yard in mehr als 2429 Heften, sowie zahlreichen Büchern und Hörspielen, gegen den Schwarzen Tod, Luzifer, die Großen Alten, Dr. Tod, Vampire, Zombies und unzählige weitere Mächte der Finsternis. Die Heftromanreihe startete bereits 1973 mit der Episode „Die Nacht des Hexers“, zunächst noch unter der Rubrik „GESPENSTER-KRIMI“. Aufgrund des großen Erfolges der John Sinclair Geschichten, wurden diese…
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Georges Simenon, „Pietr der Lette“
Vor einiger Zeit war mir aufgefallen, dass ich in diesem Jahrtausend noch keinen Maigret gelesen hatte. Dabei hatten mich Georges Simenons Maigret-Romane immer fasziniert. Ungekünstelte, knappe, ja geradezu hastig niedergeschrieben wirkendende Geschichten, von großer Menschlichkeit und Mitgefühl. Der „Whydunit“ als wegweisende Neuerung in der Kriminalliteratur Im aktuellen Jahrtausend liegt der Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit zweifelsohne auf Meisterdetektiven wie Sherlock Holmes oder Hercule Poirot. Uns allen bestens bekannte Ermittler, die man als direkte Gegensätze zu Kommissar Maigret einordnen könnte. Außenseiter und rationale Logiker sind derzeit „en vogue“. Intellektuelle Superstars, die den Tätern durch stringente Deduktion und das Zusammenführen scheinbar unzusammenhängender Details auf…
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Elfi Conrad, „Als sei alles leicht“
Es ist sicherlich ungewöhnlich, die Vorstellung eines neuen Romans mit dem Hinweis auf dessen Vorgänger zu beginnen. Im Falle des vor Kurzem erschienenen „Als sei alles leicht“ von Elfi Conrad, möchte ich aber ausnahmsweise so verfahren. Der Vorgängerroman „Schneeflocken wie Feuer“ war ein ausgesprochen großer Erfolg bei Leserschaft und Kritik. Eine autofiktionale Geschichte, in der sich die 1944 geborene und mittlerweile achtzig Jahre alte Elfi Conrad mit ihrer eigenen Jugend auseinandersetzte. Anstelle der Autorin erinnerte sich in „Schneeflocken wie Feuer“ die achtzigjährige Dora an ihre Schülerinnenzeit im Harz, Anfang der 1960er Jahre. Doras Familie war kurz nach ihrer Geburt gegen Ende…
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Verzeichnis der Übersetzer*innen oder „Die unbesungenen Held*innen der Literatur“
Die Übersetzer*innen eines Romans sind nahezu unsichtbar und bleiben der Leserschaft weitestgehend unbekannt. Während die Namen der Autor*innen in fetten Lettern, nicht selten größer als der Titel, auf jedem Buchcover zu finden sind, werden die Übersetzer*innen erst in Kleinschrift auf der dritten Seite genannt. Wir Lesenden kennen es nicht anders und denken meist auch nicht weiter darüber nach. Eigentlich doch sehr erstaunlich. Bei der Übersetzung von Literatur handelt es sich ja keineswegs bloß um eine objektive, schablonenhafte Angelegenheit, die von einer seelenlosen Maschine durchgeführt wird. [Die aktuellen Fragestellungen zur Verwendung von KI in der Literatur will ich an dieser Stelle gar…
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Start meiner neuen Lektüre oder „Frisch aus der Druckerei“
Am heutigen Tag erscheint Elfi Conrads neuer Roman „Als sei alles leicht“ im Verlag mikrotext / Nikola Richter, Berlin. Es ist kein Geheimnis, dass mich der Vorgängerroman „Schneeflocken wie Feuer“ nachhaltig beeindruckt hat und auf meinem Blog der „Roman des Jahres 2023“ geworden ist. Daher war es für mich auch keine Frage, das Werk der Autorin weiter zu verfolgen und den neuen Roman „Als sei alles leicht“ frühzeitig vorzubestellen. Jetzt liegt er quasi druckfrisch vor mir auf dem Tisch. Wieder ist es ein Roman, durch den sich die Autorin mit ihrer eigenen Familiengeschichte befasst. Der Verlagstext führt dazu aus: „Inhalt: Frauen…
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Liza Cody, „Die Schnellimbissdetektivin“
Wieder mal bin ich durch einen Literaturpreis auf eine interessante Lektüre aufmerksam geworden. „Die Schnellimbissdetektivin“ war auf den dritten Platz der Kategorie „International“ des Deutschen Krimipreises 2024 gelandet und dadurch unweigerlich in mein Blickfeld geraten. Es ist mein erster Roman der englischen Krimiautorin Liza Cody, *1944 in London, die bereits seit vier Jahrzehnten sehr erfolgreich, Krimis mit Figuren von den Schattenseiten der Gesellschaft veröffentlicht. Vor Ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin, studierte sie Kunst und arbeitete laut Verlag als Roadie, Fotografin, Malerin, Möbeltischlerin und im Wachsfigurenkabinett. Beste Voraussetzungen für eine Autorin unkonventioneller Geschichten. Liza Cody gilt als Pionierin des feministischen Krimis und wurde…
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Abbruch der Lektüre – „Unsere Zeit auf Erden ist begrenzt“
Manchmal muss man eine Lektüre einfach abbrechen Ob oder zu welchem Zeitpunkt man die Lektüre eines Romans abbrechen sollte, ist natürlich eine sehr persönliche, ganz individuelle Fragestellung. Viele Leser*innen vertreten eine 100-Seiten-Regel, nach der jeder Roman eine Chance von 100 Seiten bekommen soll, bevor der Vorhang fällt. Andere sind wesentlich ungnädiger und stellen bereits nach wenigen Kapiteln die alles entscheidende Frage: „Ist die Geschichte es wert, weitere kostbare Lebenszeit in sie zu investieren?“. Für mich persönlich gab es Zeiten, in denen der Abbruch einer Lektüre überhaupt nicht in Frage kam und ich es als eine Art persönliches Versagen empfand, einen Roman…
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Start meiner neuen Lektüre oder „Auch der 3. Platz eines Literaturpreises ist gut fürs Marketing“
Liza Cody, „Die Schnellimbissdetektivin“, Taschenbuch 351 Seiten Ich gebe es offen zu: Bücher die einen Literaturpreis ergattern oder auf irgendeiner Shortlist landen, geraten schneller in den Fokus meiner Aufmerksamkeit. Jetzt kann man natürlich über Sinn und Zweck von Literaturpreisen wunderbar streiten. Anerkennung und Ruhm sind nämlich nur die eine Seite der Medaille, denn sicher ist, das Literaturpreise immer auch bestes Marketing darstellen und gerade aus diesem Grund für Autor*innen, Verlage und Buchhandel allergrößte Bedeutung haben. Für mich persönlich überhaupt kein Problem. Auch den Deutschen Krimipreis verfolge ich seit Jahren und so ist mir Liza Codys Kriminalroman, als drittplatzierter der…
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Ein Stück zurück zu den Weblog-Wurzeln
Laut Wikipedia ist „ein Weblog ein meist auf einer Website geführtes und damit öffentlich einsehbares Tagebuch oder Journal, in dem mindestens eine Person, der Blogger, Aufzeichnungen führt, Sachverhalte protokolliert („postet“) oder Gedanken niederschreibt.“ Nicht zuletzt angestoßen durch die Veränderungen auf den großen Social-Media-Plattformen, soll sich auf meinem Literaturblog in Zukunft einiges ändern. Bisher habe ich den Blog im Grunde als eine Art Schaufenster für meine ausführlichen Buchvorstellungen geführt und ausschließlich Bücher vorgestellt, deren Lektüre ich den Besucheri*nnen empfehle. Aktuelle Leseerfahrungen, Abbrüche meiner Lektüren, negative Eindrücke, mich bewegende literarische Themen oder auch noch etwas unfertige Gedanken, fanden auf dem Online-Blog kaum statt,…
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Uwe Wittstock, „Februar 33“
Der Befund im Winter 24/25 ist eindeutig: Weltweit steht die Demokratie unter Druck. Ein Grund zur Besorgnis, denn Freiheit und Demokratie sind keine Selbstverständlichkeit. Der Blick auf die noch jüngere deutsche Geschichte offenbart, dass beide rasend schnell verloren werden können. Ausnahmsweise berichte ich über ein Buch, dessen Lektüre für mich bereits einige Jahre zurückliegt. Ein Buch, das mir wichtig ist. Es ist Uwe Wittstocks „Februar 33: Der Winter der Literatur“. 2021 bei C.H.Beck erschienen, wurde es damals zu meinem „Buch des Jahres 2021“. Da der Blog „Horatio-Bücher“ erst kurze Zeit später startete, konnte ich über dieses Buch leider noch nicht auf…
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Solvej Balle, „Über die Berechnung des Rauminhalts III“
Mir ist keine andere Romanreihe bekannt, die es mehr verdient hätte, mit dem Begriff „faszinierend“ bezeichnet zu werden, als das auf sieben Bände angelegte Romanprojekt „Über die Berechnung des Rauminhalts“ der dänischen Schriftstellerin Solvej Balle. Schon die ersten beiden Bände der Reihe konnten mich in ihrer literarisch-philosophischen Vielschichtigkeit und Tiefe begeistern. Kurz zur Erinnerung Die französische Buchhändlerin Tara Selter ist in einer Zeitschleife gefangen und erwacht jeden Tag aufs Neue im 18. November. Während es für ihre Mitmenschen immer wieder ihr erster 18. November ist, weil sie keinerlei Erinnerungen an dessen Vorgängerversionen haben, kann sich Tara Selter jedoch an alles erinnern.…
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Heinz Strunk, „Ein Sommer in Niendorf“
Der 1962 in Bevensen geborene Heinz Strunk ist eine vielseitige, facettenreiche Person. Schriftsteller, Musiker, Produzent, Drehbuchautor, Satiriker, Regisseur. Besonders bekannt ist er aber für seine humoristischen und oft auch düsteren Werke, die häufig gesellschaftliche Themen aufgreifen. Sein Roman „Ein Sommer in Niendorf“ stand auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2022. Heinz Strunk lebt in Hamburg Altona. „Fühlt sich an wie eine Novelle…“ …war mein erster Gedanke, unmittelbar nachdem ich die Lektüre des Romans beendet hatte. Und tatsächlich wird der Titel „Ein Sommer in Niendorf“ nicht zuletzt vom Verlag, in einem Atemzug mit Thomas Manns „Der Tod in Venedig“ genannt. Zumindest inhaltlich…
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10 Fragen an: Elfi Conrad – Autorin
Im letzten Frühsommer erschien im Verlag „mikrotext“ Elfi Conrads Roman „Schneeflocken wie Feuer“. Wie man in meiner Buchvorstellung auf dem Blog nachlesen kann, hat mich die autofiktionale Geschichte über die Lebenswirklichkeit einer jungen Frau in der Bundesrepublik der 1960er Jahre nicht zuletzt wegen ihrer gesellschaftlichen Relevanz und wunderbaren Stimme sofort berührt und begeistert. Schon jetzt im November kann ich sagen, dass der Roman auf dem Blog „Mein Buch des Jahres 2023“ geworden ist. Umso mehr hat es mich gefreut, dass Elfi Conrad sich die Zeit genommen hat, für ein schriftliches Interview in dem Format „Horatio-Bücher, 10 Fragen an…“ zur Verfügung zu…
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Stephen King, „Basar der bösen Träume“
Keine Frage, die Ansichten über E-Reader gehen nicht nur in den Literaturbubbles weit auseinander. Ich will dieses kontroverse Dauerbrenner-Thema an dieser Stelle auch nicht weiter vertiefen, Tatsache allerdings ist, dass es einige Bücher gibt, die geradezu danach verlangen, auf einem E-Reader (mit Hintergrundbeleuchtung) gelesen zu werden. Stephen Kings Kurzgeschichtensammlung „Basar der bösen Träume“ ist so ein Fall. Das Buch hat einige Wochen als Nachtlektüre auf meinem Nachttisch gelegen, um bei heruntergedimmter Hintergrundbeleuchtung im Dark-Modus, im Stockdunkel gelesen zu werden. Wahrhaft ideale Verhältnisse für die Lektüre kleiner Horrorstorys. Der E-Reader machts möglich. Der „Basar der bösen Träume“ erschien erstmals 2015 und enthält…
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Henrike Jütting, „Mord im Kreuzviertel“
Es war mal wieder an der Zeit, einen Krimi zu lesen. Ein gelungener Krimi, oder genauer gesagt „Kriminalroman“, bedeutet für mich gute und anregende Unterhaltung. Dazu muss er handwerklich gut gemacht sein und sollte im besten Fall auch neue bzw. vertiefende Perspektiven bieten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Nach wie vor boomt der Krimi und Jahr für Jahr drängen unzählige neue Kriminalromane auf den Buchmarkt. Da ist es für uns Leser*innen alles andere als leicht, den Überblick zu behalten. Folgte der Kriminalroman in seinen Anfängen Mitte des 19. Jahrhunderts als sogenannte „Detektivgeschichte“ noch einem klar erkennbaren festen Schema, hat er…
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Eine kleine Selbstauskunft nach zwei Jahren „Horatio-Bücher“
Begeisterung für Bücher Jetzt im Herbst 2023 ist der Literaturblog „Horatio-Bücher“ ungefähr zwei Jahre alt und in dieser Zeit ist eigentlich kaum ein Tag vergangen, an dem ich mir keine Gedanken darüber gemacht habe, aus welcher konkreten Perspektive, auf welchem Wege und mit welcher Intention, ich als Literaturblogger die Bücher, die ich lese in der Öffentlichkeit des Internets vorstellen und bewerten möchte. Zu Beginn gleich die schlechte Nachricht: Ich bin kein Literaturwissenschaftler. Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Ich bin kein Literaturwissenschaftler. Als Jurist, fernab des so bezeichneten „Literaturbetriebs“, bin ich in der literarischen Welt ein interessierter Laie.…
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Manuel Schmitt, „Godmode“
Ausgefallenes Szenario, ausgefallene Gestaltung, ausgefallener Titel „Godmode“, der Debütroman des Autors Manuell Schmitt, ist ein Roman mitten aus der Gaming-Community. Das klingt nicht nur nach Spezialmaterie, ist es auch! Noch dazu von einem Autor, der (so lautet der Verlagstext) „als Absolvent der Kunsthochschule für Medien in Köln an eigenen Computerspiel-Projekten arbeitet, mit den YouTube-Stars Gronkh und Sarazar die Webserie Let`s Play Together leitete und selbst auf YouTube unter dem Pseudonym SgtRumpel bekannt ist“. In Anbetracht dieser Referenzen fühle ich mich als Literaturblogger gleich zu Beginn meines Beitrags genötigt, meine eigenen Qualifikationen als Rezensent eines Gaming-Romans anzusprechen. Ich habe nie ein Geheimnis…
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Solvej Balle, „Über die Berechnung des Rauminhalts II“
Ein großangelegtes Romanprojekt wird fortgeführt „Über die Berechnung des Rauminhalts II“ der dänischen Autorin Solvej Balle ist als zweiter Teil eines großen Romanprojekts, genauer gesagt einer Heptalogie, angekündigt. Die ersten vier Teile liegen bereits vor, nach Band eins ist jetzt auch der zweite Band im Verlag Matthes & Seitz Berlin in deutscher Übersetzung erschienen. Man darf mich jetzt gerne für kleinkariert halten, aber nach Abschluss der Lektüre, muss ich mir zunächst einmal darüber klarwerden, was genau ich mit diesem schmalen, knapp 200 Seiten zählenden, Band II hier eigentlich vor mir habe. Sofort auf den ersten Seiten wird deutlich, dass es sich…
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Teresa Präauer, „Kochen im falschen Jahrhundert“
Gleich zu Beginn dieser Buchvorstellung oute ich mich als sog. „Hobbykoch“. Aber wer ist das nicht heutzutage, in einer Zeit, in der die TV-Kanäle voller Koch-Shows, die Buchläden voller Lifestyle-Kochbücher und die sozialen Medien voller Essensfotos sind?! Und ja, auch ich erwische mich gelegentlich dabei, Fotos meiner Hobbykochergebnisse auf Twitter zu verbreiten. Kochen als Handwerk, Foodporn, Show, oder Mittel der Selbstdarstellung? Was ist da los?! Wohl unbestritten bedeutet uns das Kochen in der heutigen Zeit weit mehr als seine ursprüngliche Bestimmung der Zubereitung einer Mahlzeit um satt zu werden. Gleichzeitig wurden in der jüngeren Menschheitsgeschichte nie größere Mengen an Convenience bzw.…
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Jan Weiler, „Der Markisenmann“
Das Buch hat mich bereits beim Erstkontakt in der Buchhandlung voll erwischt. Präsentiert neben einer Reihe anderer Hardcover-Ausgaben, lag es auf einem der Tische und sprang mir, mit seinem unglaublich schräg-bunten Cover, sofort mitten ins Gesicht. Dieses schrille, braun-orange-gelbe 70er Jahre Design, das im Roman „Kopenhagen“ genannt wird, ist zugleich auch eines der beiden Muster der 3.406 Markisen im Vorrat des titelgebenden Markisenmanns aus Duisburg. Ein Roman mit diesem Cover, noch dazu gedruckt auf einen groben Textileinband, der sich bereits selbst anfühlt, wie eine Markise und dazu den Titel „Der Markisenmann“ trägt – schräger und stimmiger geht es kaum. Ein grandioser…